Elisabeth Müller
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Elisabeth Müller: „Zurück zur Farbe.
Malerei und Graphik“
Rede von Alinya zur Eröffnung
der Ausstellung am 15. Juni 2012
 


Sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich willkommen zur Ausstellung „Zurück zur Farbe“ hier im Kunstforum Hochschwarzwald. Für Elisabeth Müller ist es auch eine Rückkehr nach Neustadt. Neustadt spielt in ihrer Biographie eine wichtige Rolle: Hier entstanden einige ihrer Werke. 1996 fand im „Klösterle“ eine Ausstellung von Siebdrucken und Dispersionsarbeiten von ihr zum Thema „Mensch und Baum“ statt. Einer der Siebdrucke hängt heute in der Seniorenwohnanlage „Hangwies“.

Von 1989 bis 1996 war Elisabeth Müller als Kunsterzieherin und Biologielehrerin am Kreisgymnasium Hochschwarzwald tätig. 1989 hatte sie einen Autounfall, bei dem sie stark verletzt wurde. Es war ein schwerer Schlag für sie, als sie 1996 ihren Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte.

Aber jede Krise birgt auch eine Chance: Als es ihr langsam wieder besser ging, widmete sich Elisabeth Müller ihrer Kunst und begann später auch zu meditieren. Die Meditation gab ihr viel Kraft und eröffnete ihr eine innere Welt voller Schönheit, Liebe und Licht.

Elisabeths frühe Werke sehen Sie gleich hier zu Beginn der Ausstellung. In ihnen überwiegen die Farben Schwarz und Rot. Sie spiegeln Elisabeths inneren Zustand zu jener Zeit wider. Auf einer allgemeineren Ebene stellen sie das Leid der menschlichen Existenz in vielerlei Facetten dar.

Die leuchtenden Rosen in Elisabeths späteren Bildern – die Rose gilt als Symbol der Liebe – zeichnen dagegen ihren inneren spirituellen Weg nach – den Rosenweg, wie sie ihn nennt. Ein anderes wichtiges Thema für Elisabeth sind Früchte, wie Sie sie in Raum 3 sehen können. Diese neueren Arbeiten sind so voller sinnlich leuchtender Lebenskraft, dass man sie am liebsten mit den Augen aufessen möchte.

Wahre Kunst hat immer auch einen allgemeingültigen Aspekt. Kein Werk gehört dem Künstler allein. Die Ausstellung hat nicht nur einen autobiographischen Hintergrund: Sie kann auch in einem historisch-kulturellen Zusammenhang gesehen werden.

Vor einigen Tagen ist die Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich verstorben, die zusammen mit ihrem Mann mit dem Buch „Die Unfähigkeit zu trauern“ bekannt wurde. Darin thematisieren die Mitscherlichs die Verdrängung des unvorstellbaren Grauens der NS-Zeit, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland vorherrschte.

In den frühen dunkler gehaltenen Bildern von Elisabeth Müller schwingt noch viel von der Schwere mit, die wir kollektiv aus dieser Zeit mitgenommen haben. Elisabeth Müller hat sich selbst auch intensiv mit dem Erbe der Nazizeit auseinander gesetzt, ihre eigene Geschichte aufgearbeitet und Trauerarbeit geleistet.

Elisabeths Entschluss, in ihren späteren farbigen Arbeiten kein Schwarz mehr zu verwenden, war ein bewusster Schritt, diese Trauer hinter sich zu lassen. Sie wollte Leichtigkeit und Fröhlichkeit in ihr Leben zurück bringen. Sie wollte aktiv Bilder gestalten für eine hellere, im wahrsten Sinne des Wortes farbenfrohere Zukunft, auch für Deutschland und die Welt im Ganzen.

Neben dem Schwarz in ihren frühen Bildern transformiert Elisabeth auch das Rot des Schmerzes, des Blutes und der Leiden-schaft - Leiden-schafft im wahrsten Sinne des Wortes! -in das lebendige Liebesrot der Rosen sowie in zartere Blütenfarben, wie Rosa, Magenta, Orange und Gelb.

Das Schwarz und das Rot finden sich übrigens auch in der deutschen Flagge. Genauso wie das Gold, das in späteren Arbeiten von Elisabeth Müller immer mehr hervor tritt. Sie sehen es z. B. in manchen Blumensträußen und auch in dem Bild von der Knospe am Ende der
Ausstellung.

Die Knospe ist ein Symbol des Neubeginns! Möge der Rosenweg uns alle in eine goldene Zukunft führen!

Wir haben einen kleinen „Rosenwegweiser“ für Sie zusammengestellt, mit Erklärungen zu den Bildern in den einzelnen Räumen. Sie können diese wunderschöne Ausstellung dann später allein in Ruhe und Stille auf sich wirken lassen.

Neben der Rückkehr zur Farbe ist innere Freiheit ein wichtiges Thema der Ausstellung. Es drückt sich auch formal in den Bildern aus. Elisabeths neueste Arbeiten „sprengen“ im wahrsten Sinne des Wortes den Rahmen: Ihre Blumensträuße und Früchte und auch einige der Rosen haben sich von ihrem Bildhintergrund befreit und sind auf der Wand frei beweglich. Für diese Arbeiten hat Elisabeth eine eigene Technik entwickelt: Sie zeichnet die Kontur auf Sperrholz und sägt dann die Form aus. Zur Zeit arbeitet sie v. a. mit Ölfarben. Durch den Einsatz der Komplementärfarben im Schatten erzielt sie bei den Früchten einen besonderen Leuchteffekt.

In Raum 2 sehen sie auch Elisabeths Illustrationen zu meinem ersten Buch „Die Suche nach dem goldenen Vogel“. In meinem Buch spielt Freiheit ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Hauptrolle spielt ein Spatz, wie Sie auch auf den ausgestellten Schwarz-Weiß-Illustrationen sehen können. Er macht sich auf die Suche nach dem goldenen Vogel. Diese Suche ist letztendlich eine Suche nach sich selbst ...

Leider haben wir für die Ausstellung nur einen Vorabdruck des Buches fertig stellen können. Es wird innerhalb der nächsten Wochen im Buchhandel erhältlich sein. Elisabeth hat das Buch nicht nur wunderschön illustriert, sondern die Gesamtgestaltung übernommen, inklusive des Coverentwurfs. Den goldenen Vogel finden Sie übrigens auch in der Ausstellung ...

Elisabeths Arbeiten berühren mich sehr tief. Meine eigene Geschichte ist ähnlich wie ihre. Auch ich hatte eine Zeit, in der mein Leben von Dunkel erfüllt war, von den schwarzen Schatten sowohl der Vergangenheit als auch meines eigenen negativen Denkens. So wie Elisabeth begann ich, in einer der schwersten Krisen meines Lebens, meine Vergangenheit aufzuarbeiten und zu meditieren. Die Meditation eröffnete mir den Zugang zu einer inneren Welt und einer Liebe, die ich nie gekannt hatte. Sie transformierte mein Leben und ließ es heller und glücklicher werden. In Elisabeths Rosen erkenne ich auch die Rosen wieder, die im Garten meines eigenes Herzens wachsen.

In der letzten Zeit – vielleicht ist es auch auf Elisabeths Einfluss zurückzuführen - schreibe ich zunehmend Gedichte über Rosen ...

Eines meiner neueren Gedichte, aus dem Jahr 2011, mit dem Titel „Die Rose“, möchte ich zum Abschluss meiner Rede und zur Einstimmung auf die Ausstellung vortragen:

Die Rose

Der Morgen küsste sie mit seinem Licht.
Ein früher Sonnenstrahl
Berührte sie in ihrem Herzen.
So wunderlich,
Die kleine, zarte Knospe!

Sein Licht, es sprach zu ihr:
„Geliebte! Geliebte Rose, öffne Dich!
Erblüh in einem Wunder
Von Rot! Geliebte,
Öffne mir Dein Herz!“

Der kühle Morgentau
Liebkoste ihre grünen Blätter.
Ein sanfter Windhauch
Trocknete das Nass.
Ein Tropfen

Fand den Weg in ihre Mitte,
Als Blatt um Blatt
Sich langsam auftat,
So zärtlich, zärtlich
Wie ein leises Lied.

Dann blühte sie.
Ihr Duft, er war so herrlich!
Entzückt, berauscht ergoss das Morgenlicht
Sich ganz in sie, mit all der Liebe,
All der Wärme einer neuen Schöpfung.

Wusste sie selbst, wie schön sie war?
Ich sah tief in ihr Herz
An jenem Morgen.
Ich wurde eins mit ihrem Duft.
Ich wurde selbst zu einer Rose.

Oh, wundersames Morgenlicht!
Was machst Du nur mit meinem Herzen?
Wenn Blütenblatt um Blütenblatt
Sich langsam öffnet,
Dann wird mein ganzes Sein zu einem Lied!

Zu einem Lied der Liebe!
Oh Morgenlicht,
Geliebtes Morgenlicht,
Was hast Du nur
Mit mir gemacht?

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Wir wünschen Ihnen viel Freude mit der Ausstellung und auf Ihrem eigenen Rosenweg!